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Nun können wir ja die Liebe z.B. an sich nicht sehen, sondern vielmehr zeigt sich die Liebe in konkreten Taten oder auch in Worten. Wir könnten auch sagen, sie zeigt sich in der Treue. Andere wiederum sagen, sie zeigt sich in der Eifersucht, eben darin, daß es einer Person ja nicht egal ist. Unabhängig davon, ob dies gewollt ist oder nicht, und wir reden hier nicht über eine übertriebene krankhafte Eifersucht, sondern nur lediglich, daß es einem nicht ganz geheuer ist, wenn eine potentielle Gefahr droht, und sich dies in gewissen kleinen Reaktionen zeigt. Über die christliche Liebe gesprochen würden wir sagen, die Liebe ist Freigebigkeit ohne dafür irgendetwas als Gegenleistung zu erwarten, so wie etwa eine Mutter Teresa von Kalkuta.

So mancher Theologe glaubt eigentlich nicht daran, daß Gott konkret in unsere Geschichte hinein spricht, aber was sich hierbei verbirgt, ist nichts weiter als ideologische Flucht in einen vermeintliche Offenheit für alles. Nun handelt es sich aber bei einer Offenbarung nicht bloß um etwas, was rätselhaft ist, keine wissenschaftliche Erklärung hat, die irgendwie komisch ist, sondern um etwas, was mich existentiell und ganz betrifft. Darum ist es oft leichter irgendwelche Geschichten zu akzeptieren über Ufos und andere Dinge, von denen gesagt wird, daß unsere Naturwissenschaft noch lange nicht soweit ist, wie diese fremde Zivilisationen. Aber eines wissen wir ja schon, daß es sich dabei um Dinge handeln muß, die eine Erklärung haben, auch wenn unser Verstand noch nicht soweit ist. Als Zweites, wenn es Außerirdische geben soll, dann ist das vielleicht interessant, aber an sich geht mich das nicht so sehr an, es sei denn sie greifen mich an.

Unterschied zwischen Rätsel und Geheimnis

Mir scheint es, es ist oft nicht klar, worüber wir sprechen, wenn wir über die Offenbarung reden, was damit gemeint ist. Wir reden ja davon, dass wir nicht bloß durch Zufall auf Erden sind, sondern dass wir in der ganzen Existenz gewollt sind. Und wir haben bereits darüber gesprochen, dass dies ein philosophischer Glaube ist, zu denken, dass es mindestens etwas bedarf, was den gleichen oder höreren Seinsrang hat, damit menschliche Freiheit entstehen kann. Vom Nichts kommt nichts. Meine Eltern haben mich gezeugt, aber meine Freiheit habe ich nicht von Ihnen. Kantianische Philosophie erschöpft sich zu behaupten, der Seinsgrund ist ungewiss. Sie lässt die Frage offen. Jaspers behauptete ähnlich, dass wenn es Gott gäbe, dann wäre Freiheit restlos determiniert, also sei der Ursprung von Freiheit ungewiss. Man muss sagen, dass er ein sehr erbärmliches Gottesbild hat, und dass er nicht einfach die Frage offen lässt, sondern vielmehr sich entschließt, diese Frage offen zu lassen. Bezüglich der "Wahl" unter Möglichkeiten ist das ja eine Entscheidung und nicht gar keine Entscheidung.

Geheimnis ist das, was an sich einfach ist, aber gleichzeitig unendliche Tiefe. Jeder glaubt zu wissen, was Leben an sich ist. Man sieht eine Pflanze wachsen und die Tiere sich fortbewegen, aber das Leben an sich stellt es doch gleichzeitig Wunder dar. Wissenschaft kennt ja Maß und Zahl, während die Qualitäten an sich verschwinden. Für die Wissenschaft gilt, das Wissen nimmt zu und die Wahrheit nimmt ab, so kommt es dass wir über Chromosomen und deren Verschlüsselung immer mehr wissen, aber die Würde des Menschen nimmt immer mehr ab.

Ein Rätsel hingegen ist etwas, von dem wir etwas nicht wissen, aber dass eine Erklärung geben muss. Wir wissen zuerst nicht, wie die Gefangenen von Alcatraz geflohen sind, wenn sie aus ihrer Zelle verschwunden sind, aber wir wissen, dass sie das irgendwie geschafft haben müssen. Und genauso muss sich das verhalten, wenn es sich um Außerirdische handelt.

Ganz in Anspruch genommen

Wenn wir also von Offenbarung reden, sprechen wir also von dem, der alles umfasst, der gleichzeitig Seinsgrund und Geber zugleich ist, d.h. ohne den wir nicht sein könnten, und gleichzeitig muss dieser Seinsgrund nicht ein Teil des Vergänglichen Weltlichen bilden. Die Frage also über die Offenbarung ist eine, die uns ganz in Anspruch nimmt, die uns Existentiell trifft. Von daher fällt es uns schwer die Frage ganz einfach links liegen zu lassen und so zu tun, als ob das nicht interessiert.

Ein Gott der Geschichte

Dies ist ein Grundsatz, von dem schon im Urjudentum gesagt wird, dass wir Gottes Kinder sind. Der Gedanke der "Schöpfung" ist hier elementar. Darin verbirgt sich nun der Kern dessen ist, was wir dann später als Metaphysik bezeichnen. Ohne Metaphysik wird das Gottesbild animistisch und wir wüssten ein Gespenst von Gott nicht zu unterscheiden. So aber reden wir von dem, der das ganze Universum umfasst. Gott offenbart sich nun dem Abraham und später dem Mose. Er erweist sich als der unfassbar Große, der die Gedanken übersteigt. Der Name Jahwe bedeutet, "ich bin der: ich bin da", was man im Grunde genommen so übersetzen kann, dass er nicht mit einem Namen umfassen kann. Niemand konnte das Antlitz Gottes sehen, ohne dabei zu sterben, denn würde jemals das gelingen, so könnte der Betreffende das innerlich niemals aushalten und er würde sterben, wir sagen an Herzinfarkt, weil er das nicht verkraften kann.

Und nun kommt es dazu, dass Moses bei der Begegnung mit Gott beim brennenden Dornbusch das Bedürfnis spürt, seine Sandalen auszuziehen, weil er spürt, dass der Boden, den er betritt, heiliger Boden ist. Er bekommt also ein "Gespür" für das , was man als das Heilige nennt. Später empfängt er die Gesetzestafeln, und darin drückt sich nochmal aus, dass Gott gut ist. Das Gute hatten wir schon, hat gewissermaßen absoluten Charakter.Wenn dann im Tempel der Name Jahwes ausgerufen werden sollte, trommelten die Juden so laut, dass niemand den Namen hören konnte. Soviel Ehrfurcht hatten sie.

Und doch erweist sich Gott trotzdem als ein Gott der Geschichte. Er begleitet sein Volk in der Wüste in der Wolkensäule. Die Wolkensäule ist wiederum ein Symbol für den Geist Gottes, der sein Volk umfasst. Sodann setzt er nach der Sintflut ein Regenbogen als Zeichen der Verbundenheit mit dem Volke Israels. Gott erweist sich als der Treue, der mit seinem Volk den Weg mitgeht. Und später kann das Volk noch eine Stufe tiefer ihn verstehen, wo es im Buch Hiob heißt, dass das Übel in der Welt nicht daher kommt, weil ein Gerechter gesündigt hätte. Und im Buch Kohelet sehen wir, dass der Tod sowohl Gerechte als auch Ungerechte trifft.

Es ist ganz klar, das Alte Testament ist kein Geschichtsbuch, aber es sind Bücher, die über die Geschichte des Volkes Gottes mit Gott handeln. Gott ist nicht ein Abstraktum, sondern jemand der den Weg mit uns geht, und diese Erfahrungen sind in verschiedensten Literaturgattungen geschrieben. Ganz klar hat Abraham keine 800 Jahre gelebt, und Moses keine 300. Wenn im Alten Testament die Rede davon ist, dass die Schlange Eva verführt hat, bedeutet das nicht, dass es damals Schlangen gab, die reden konnten. Und Moses war auch nicht dabei, als Gott die Welt erschuf. Dennoch besagt das Ganze, dass es eine Geschichte der Welterschaffung (in Jahrmillionen) geben muss, und dass der Mensch den verborgenen Gott als seinen ständigen treuen Begleiter erlebt hat. Die Schöpfungsgeschichten aus der Bibel sind ganz klar Bildrede dafür, dass ich einen Vater Gott habe, dem ich mich verdanke. Von daher steckt in dieser Geschichte mehr Wahrheit drin, als in der bloßen Evolutionstheorie. Sodann ist es ein Gott, der mich in der Geschichte begleitet und mir zur Seite steht. Das ist ja sehr gewaltig, was mir hier zugesagt wird.

Gott wird Teil unserer Geschichte

Den Ernst der Offenbarung wird ja gerade in der Menschwerdung Gottes sichtbar. Er, der außerhalb von Zeit und Raum steht, nimmt an unserer Geschichte teil. Allein diese Tatsache macht die Ernsthaftigkeit der Offenbarung aus. Sie ist nicht primär dadurch gekennzeichnet, dass man glaubt, etwas Übernatürliches sei passiert, sondern dass Gott in unsere Geschichte hinein gesprochen hat, egal ob ein Wunder dabei passiert ist oder nicht. Das Übernatürliche soll uns zum Glauben anregen. Gerade weil sich Gott in Jesus Christus ganz klein macht, damit will er zuerst zuerst Herzen erobern, nicht mit Schrecken und Angst. Das Übernatürliche macht uns Angst, aber Gott will nicht Knechte, sondern Liebende. Und wenn derjenige auch empfänglich ist, und das braucht, dann schenkt Gott ein Wunder als Zeichen seiner Gegenwart. Solche Wunder sind sozusagen zuerst Zeichen für das kommende Reich Gottes der Liebe.

Die alttestamentarische Erfahrung wird noch einmal potenziert, indem die Erfahrung gemacht wird, dass Gott ein Teil meiner Geschichte wird. Wenn immer nur von der Transzendenz Gottes gesprochen wird, so bleibt immer ein Missverhältnis zwischen dem, was mir erscheint, und dem, was Gott an sich ausmacht. Gott bleibt gewissermaßen immer der Ferne. In Jesus Christus wird dieser Gegensatz nicht ganz aufgehoben, aber überwunden. Theologisch: ungetrennt und unvermischt sind die zwei Naturen. Aber er kommt mir noch näher, als ich mir das kaum vorstellen kann. Vorher ist das Reden Gottes immer nur das Reden über Propheten, aber erst in Jesus Christus spricht er selbst. Das macht die Ernsthaftigkeit der Offenbarung aus, dass er auch nun selbst mein Bruder wird und selbst spricht. Er bleibt nicht außen vor, sondern geht in allen Schicksalschlägen dem Tod entgegen und bietet ihm die Stirn, erleidet diesen Tod und geht durch ihn hindurch. Der Gegensatz Gott und Mensch wird dennoch nicht aufgehoben, denn wie sonst könnte er den Tod überwinden, und das tun, was mir aus meiner begrenzten Verstandesfähigkeit unmöglich erscheint, bewirken? Die Auferstehung.

Kategorie: Theologie
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